Hunger- und Sättigungs-Theorien unter der Lupe
Hunger und Sättigung: Wer oder was bestimmt, wann wir hungrig und wann wir satt sind?
Wie funktioneren Hunger und Sättigung? Warum sind wir manchmal so schnell wieder hungrig? Und warum können wir oft nicht zu essen aufhören, bis der Bauch spannt?
Hunger ist einer der häufigsten Gründe, wieso (intermittierendes) Fasten nicht lange durchgehalten wird. Doch, welche Faktoren beeinflussen, wann wir uns hungrig und wann wir uns satt fühlen?
Über den Hunger-Satt-Mechanismus
Hunger und Sättigung werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Da spielen Hormone, Kalorien, Mikronährstoffe, sensorische Wahrnehmungen wie Geruch und Geschmack, die Macht der Gewohnheiten und vieles andere eine Rolle. Der Hunger-Sättigungs-Mechanismus ist derart kompliziert, dass selbst in der Wissenschaft unterschiedliche Theorien darüber vorherrschen, was nun genau ausschlaggebend dafür ist, wann wir uns hungrig bzw. satt fühlen.
Fakt ist allerdings, dass dieser Regelmechanismus bei vielen Menschen heutzutage nicht mehr richtig zu funktionieren scheint. Sie essen über ihren Bedarf und werden immer dicker. Was läuft da schief? Und wie kommen wir wieder in Balance?
Der zyklische Wechsel von Hunger und Sättigung als Voraussetzung für Zellregeneration und einen flexiblen Stoffwechsel
Bevor wir uns ein paar der Theorien über den Hunger-Sättigungs-Mechanismus genauer anschauen und Du sehen wirst, dass Probleme mit Überessen und Heißhunger nicht einfach auf zu wenig Disziplin oder Willenskraft zurückgeführt werden können, möchte ich Dir gerne die Bedeutung von diesem Regelkreislauf erklären.
Vereinfacht dargestellt kennt unser Körper nur zwei Stoffwechsellagen, einmal den Nüchternzustand (= Hungerphase), der dann eintritt, wenn wir nichts essen und der Körper seine Energie aus den Reserven beziehen muss. Und zweitens den Sättigungszustand, der dann beginnt, wenn wir essen und solange anhält, bis dabei aufgenommenen Nährstoffe aufgebraucht sind bzw. eingelagert sind. Beide Phasen sind wichtig!
In Zeiten ohne Nahrung ist unser Körper auf Reinigung und Säuberung eingestellt, während die Nahrungsaufnahme dazu dient, unseren Körper mit all dem zu versorgen, was er für die Erneuerung von Gewebe und Zellen braucht. Hunger und Sättigung sorgen so dafür, dass unsere Zellen möglichst lange gesund und funktionstüchtig bleiben oder bei Bedarf ausgetauscht werden.
Und genauso wie wir bei der Renovierung unserer Küche, zunächst die alten Küchenmöbel entfernen und entsorgen müssen, bevor wir die neue Küche einbauen, so müssen auch unsere Zellen zunächst von ständig anfallenden Stoffwechselresten und anderem unnötigen Ballast befreit werden, bevor das neue „Baumaterial“ eingefügt werden kann. Nur so sind optimale Zellregeneration und Zellgesundheit möglich. Daher brauchen wir sowohl Phasen ohne Nahrung als auch Phasen mit Nahrung.
Für die Balance von Hunger und Sättigung sorgt unser Hypothalamus. Dieser kleine Abschnitt im Gehirn reguliert als übergeordnete Schaltzentrale die Aufrechterhaltung unseres inneren Milieus (= Homöostase) auch diesen Regelkreislauf. Er ist dafür verantwortlich, dass wir Hunger bekommen, sobald unser Körper Bedarf an Energie oder Nährstoffen hat und sorgt dafür, dass wir uns satt fühlen, sobald dieser Bedarf gedeckt ist. So sollte es zumindest sein. Doch irgendwas läuft schief …
Hunger- und Sättigungs-Theorien unter der Lupe
Hunger- und Sättigungsempfinden werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Es gibt verschiedene Ansätze, die die Entstehung von Sättigung zu erklären versuchen. Keine davon kann diesen komplexen Regelkreislauf vollständig erklären, sondern beleuchtet einen Aspekt der Ganzen.
Ein paar davon möchte ich Dir gerne vorstellen, um dann auf die Problematik dahinter zu sprechen zu kommen.
Hunger-Sättigungs-Theorien: Wer oder was bestimmt, wann wir hungrig bzw. satt sind?
- Füllung des Verdauungstrakts
- Energiebedarf des Körpers (Theorie der Kalorien = Makronährstoffe)
- Bedarf des Körpers an Baumaterial und Mikronährstoffen
- Glucostatische Regulation
- der interne Sättigungsfaktor von Nahrungsmitteln
1. Wie voll sind Magen und Darm?
Laut der Theorie von der Füllung des Verdauungstrakts werden Hunger und Sättigung über Dehnungsrezeptoren an Magen- und Darmwand reguliert. Sobald wir etwas essen, gelangt die Nahrung in den Magen und anschließend in den Darm. Dort registrieren sogenannte Dehnungsrezeptoren die Dehnung ausgelöst durch die Nahrung, woraufhin sie Hormone ausschütten, die das Sättigungszentrum im Gehirn aktivieren. Der Magen produziert dazu z. B. Glucagon Like Peptide 1, während in den tieferen Darmabschnitten z. B. Cholezystokinin entsteht.
Wenn wir ein gewisses Nahrungsvolumen gegessen haben, fühlen wir uns also voll. Voll heißt aber nicht unbedingt satt. Das weiß wohl jeder aus Erfahrung. Obwohl wir viel und von der Menge her ausreichend gegessen haben, sind wir dennoch nicht wirklich befriedigt und gehen immer wieder in die Küche auf die Suche nach diesem gewissen Etwas, das noch fehlt.
Gleichzeitig wissen wir dank der Erfahrung von Menschen, die schon mal eine Fastenkur gemacht haben, dass der Hunger im Laufe der Zeit nicht größer wird, sondern abnimmt. In der Regel ist das Hungergefühl in den ersten beiden Tagen am stärksten, nimmt dann ab, bis es oft sogar ganz verschwindet. Und der Magen wird beim Fasten bekanntlich leerer nicht voller.
Die Füllmenge von Magen und Darm kann also nicht der einzige und wichtigste Faktor sein dafür, ob wir Hunger bekommen oder uns satt fühlen. Was entscheidet dann?
2. Energiebedarf des Körpers
Nahrungsaufnahme dient laut der Theorie der Kalorien vor allem dazu, den Bedarf an Energie zu decken. Diese führen wir in Form von Kalorien über Kohlenhydrate, Fette und Eiweiß zu uns. Die beiden Kinasen mTOR und AMPK wachen genau über den Energiegehalt in den Zellen. Wenn die Energie sinkt, werden Signalwege aktiviert und wir bekommen Hunger. Wenn wir dann genug Energie in Form von Kalorien zu uns genommen haben, wird das ebenfalls registriert und Signale, die uns ein Sättigungsempfinden vermitteln, werden in Gang gesetzt. Klingt logisch.
Aber wie kann es dann möglich sein, dass wir uns manchmal selbst dann, wenn wir mehr als genug Energie in Form von vielen Kalorien gegessen haben, nicht wirklich satt und zufrieden fühlen? Und dürften übergewichtige Personen dann überhaupt Hunger bekommen? Schließlich tragen sie doch reichlich Energiereserven in ihrem Körper jederzeit mit sich. So ganz vollständig scheint diese Theorie also auch nicht zu sein.
3. Mikronährstoffe und Aminosäuren bitte!
Nahrung dient nicht nur dazu, Energie zu liefern, sondern auch, um den Körper mit den Stoffen zu versorgen, die er für seine Stoffwechselvorgänge benötigt. Neben Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen, spielen auch Aminosäuren hierbei eine besonders wichtig Rolle.
Während B-Vitamine zum Beispiel wichtig sind, um aus Glukose Energie zu gewinnen, handelt es dienen Aminosäuren als Ausgangssubtanz für so ziemlich alles in unserem Körper. Enzyme, Neurotransmitter, Hormone und all unsere Zellen werden aus Aminosäuren aufgebaut.
Unser Körper ist also auf die Zufuhr von Mikronährstoffen und Aminosäuren angewiesen und es scheint nur logisch, dass ein Mangel zu Hunger führen kann.
Auch die Erfahrung zeigt, dass leere Kalorienträger wie Fast Food, Süßigkeiten oder Fertiggerichte zwar den Magen füllen, aber irgendwie nicht richtig befriedigen. Wer trotz reichhaltiger Portionen weiter auf der Suche nach dem „entscheidenden Etwas“ ist, könnte von der verstärkten Zufuhr vitalstoffreicher und proteinreicher Nahrungsmittel durchaus profitieren.
4. Wie hoch ist der Blutzucker?
Glukose, also Traubenzucker, ist der Lieblingstreibstoff unserer Zellen. Jede Zelle unseres Körpers ist in der Lage, aus Glukose Energie herzustellen. Um die Energieversorgung sicher zu stellen ist immer eine gewisse Menge Glukose im Blut vorhanden. So kann sie bei Energiebedarf ganz schnell dorthin geschleust werden, wo sie benötigt wird.
Bei einem gesunden Menschen bewegen sich die Blutzuckerwerte zwischen 70 – 99 mg/dl (3,9 – 5,5 mmol/l). Das entspricht in etwa 5 g, also einem Teelöffel, Glukose im Blut. Außerhalb dieser Grenzen kann es lebensbedrohlich für uns werden. Da Glukose so lebensnotwendig ist, ist der Körper in der Lage, selbst Glukose herzustellen. Ein starker Abfall und damit eine wirkliche Unterzuckerung ist daher bei einem gesunden Menschen gar nicht möglich.
Allerdings besteht die heutige Ernährung üblicherweise aus einem hohen Anteil an schnell verfügbarer Glukose. Limonaden, Fruchtsäfte, Brot, Nudeln, Kuchen, Kekse, Pizza und Süßigkeiten stecken voll von raffiniertem Getreide und Zucker. Die Glukose, die dort enthalten ist, treibt den Blutzucker in rasanter Geschwindigkeit in die Höhe. Ein Alarmsignal für den Körper, weil zu hohe Blutzuckerwerte gefährlich werden können. Daraufhin wird die Insulinproduktion angekurbelt, um den überschüssigen Zucker aus dem Blut in die Zellen zu bringen.
In seiner Not produziert der Körper aber ein wenig zu viel Insulin und der Blutzucker fällt in kurzer Zeit stark ab. Diese starken Schwankungen können ebenfalls dazu führen, dass wir wieder hungrig werden. Daher gilt auch der Blutzucker als Mitregulator für Hunger und Sättigung.
Wer nach einer Mahlzeit schnell wieder Hunger hat und dabei besonders gerne wieder zu schnell verfügbaren Kohlenhydraten greift, der sollte man schauen, wie es sich auswirkt, wenn er stattdessen mehr vollwertige Nahrungsmittel mit einem hohen Ballaststoffgehalt zu sich nehmen. Ballaststoffe sorgen dafür, dass die Nahrung langsamer verdaut wird und verlangsamen so den Blutzuckeranstieg. Sie bilden sozusagen das „Gegengift“ für Zucker.
5. Wie lange macht es satt?
Hormone sind biochemische Botenstoffe, die von speziellen Zellen hergestellt und abgesondert werden, um an den Zellen der Zielorgane eine bestimmte Wirkung zu erzeugen. Vereinfacht ausgedrückt: unsere Zellen kommunizieren mit Hilfe von Hormonen. Bei der Regulation von Hunger und Sättigung sind verschiedene Hormone beteiligt. Das sind zum Beispiel Insulin, Glukagon, Ghrelin, Leptin, Cortisol, Adiponectin, CCK, PPY, Sekretin, Gastrin.
Oft steht ihre genaue Rolle noch gar nicht fest, Fakt ist aber, Hormone beeinflussen in starkem Maße, ob wir uns hungrig oder satt fühlen. Das, was wir essen, wirkt also nicht nur über Kalorien- und Mikronährstoffgehalt, sondern auch darüber, welche Hormone dadurch in Gang gesetzt werden. So zeigen Studien zum Beispiel, dass Proteine im Vergleich zu Kohlenhydraten besonders gut sättigen, was auf die starke Wirkung auf Sättigungshormone wie PPY zurückgeführt wird.
Auch Fette sind für ihre gute Sättigungswirkung bekannt. Das hat vermutlich zwei Gründe. Einmal, weil fetthaltige Mahlzeiten die Magenentleerung hemmen und somit der Magen länger voll bleibt, ein Faktor, der auch für die gute Sättigung von Aminosäuren eine Rolle spielt, und zum anderen, weil Fette die Produktion von Cholezystokinin (CCK) stimulieren, einem Hormon, das nachweislich starke Sättigungssignale ans Gehirn weiter leitet.
Neben Fetten und Proteinen sorgen auch Ballaststoffe für ein langanhaltendes Sättigungsgefühl. Da sie mit Wasser ihr Volumen vergrößern, wirken sie auch in dieser Hinsicht sättigend, weil füllend und zwar ohne Kalorien zu liefern. Aspekte, die wir künftig berücksichtigen können, um uns nach einer Mahlzeit möglichst lange satt zu fühlen.
Weiterführende Links und Nachweise:
- https://www.biologie-seite.de/Biologie/Hunger
- https://www.apotheken.de/gesundheit-heute-news/article/wie-hunger-und-saettigung-funktionieren/
- Bayham, B.E. 2014. A randomized trial to manipulate the quality instead of quantity of dietary proteins to influence the markers of satiety. J Diabetes Complications
Last Updated on 14. September 2019 by Marion Selzer
Wer schreibt hier?

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Hi, ich bin Marion. Ich bin Diplom-Juristin und zertifizierte Ernährungs- und Gesundheitsberaterin.
Intermittierendes Fasten begleitet mich seit vielen Jahren. Für mich ist das eine hervorragende Methode, um mein Gewicht zu regulieren, ohne mich dabei beim Essen in Auswahl oder Menge beschränken zu müssen.
Mit meinen Beiträgen, möchte ich Dir Lust machen, einmal auszuprobieren, ob Intervallfasten auch Dein Leben bereichern kann.
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