Fast and Feeding: Die beiden Programme unseres Körpers
Inhaltsverzeichnis
Intermittierendes Fasten als Lösung für die Überflussgesellschaft von heute
Unser Körper kennt in Bezug auf die Nahrungsaufnahme nur zwei verschiedene Programme. Entweder wir essen und Nahrungsenergie wird verbrannt und gespeichert oder wir fasten und Nahrungsenergie wird aus den Reserven frei gesetzt. Entweder wir essen (feeding/speichern) oder wir essen nicht (fasten/entspeichern). Beides zusammen geht nicht.
In diesem Artikel zeigen wir Dir, was passiert, wenn Du andauernd im Speichermodus unterwegs bist und wieso regelmäßige Fastenphasen (= intermittierendes Fasten) die Lösung sind.
Was passiert im Körper, wenn wir essen?
Wenn wir essen, wird der Speisebrei im Magen-Darm-Trakt aufbereitet. Die Nährstoffe gelangen über die Dünndarmschleimhaut in den Blutkreislauf. Der Insulinspiegel steigt und sorgt dafür, dass die Nährstoffe aus dem Blut in die Zellen gelangen, um diese zu ernähren. Nährstoffüberschüsse, die nicht zur akuten Bedarfsdeckung der Zellen benötigt werden, werden eingelagert.
Was passiert im Körper, wenn wir fasten?
Unsere Organe arbeiten 24 Stunden am Tag 7 Tage die Woche – non-stop. Dafür brauchen sie Energie und Substrate. Wenn wir nichts essen bzw. die Nährstoffe aus der letzten Mahlzeit aufgebraucht sind, werden die Reserven freigesetzt. Beim Fasten werden die Vorgänge im Körper also umgedreht. Der Insulinspiegel sinkt und der Körper erhält den Befehl, gespeicherte Reserven freizusetzen, um den aktuellen Energiebedarf zu decken.
Kurz und knapp:
- Während wir essen, dienen die hereinkommenden Nährstoffe als Energiequelle: Essen wird zu Energie verbrannt.
- Während wir fasten, dienen eingelagerte Reserven als Energiequelle: Körperreserven werden zu Energie.
Im Laufe der Menschheitsgeschichte sorgten wiederkehrende Engpässe bei der Nahrungsversorgung durch Kriege und Ernteausfälle dazu, dass sich Phasen der Nahrungsaufnahme und Phasen ohne bzw. mit wenig Nahrung die Waage hielten. Die Speicher wurden aufgefüllt und wieder verbraucht. Eine essentielle Voraussetzung für optimale Gesundheit und einen flexiblen Stoffwechsel. Heute sieht das leider anders aus. Wir essen ständig und überall!
Das Problem der heutigen Zeit: Wir werden zu Dauerhamstern
In der heutigen Zeit lauert Essen überall. Beim Bäcker, im Supermarkt, beim Schnellimbiss und genauso verhalten wir uns auch, wir sind fast durchgehend am Essen und gönnen unserem Verdauungstrakt nur selten eine Auszeit. Die meisten fasten nur noch, wenn sie schlafen.
Nach dem Aufstehen wird direkt gefrühstückt, bis zum Mittagessen hält kaum jemand ohne Snack durch und auch am Nachmittag gibt es eine Kleinigkeit zwischendurch. Meistens ist selbst nach dem Abendessen längst nicht Schluss und der ein oder andere Keks oder das ein oder andere Stück Schokolade findet noch den Weg in unseren Mund.
Wir essen auf dem Weg zur Arbeit, auf der Couch vorm Fernseher, vorm PC, während der Pause, mit der Familie – wir essen dauernd und überall! Da kommt die Phase des Entspeicherns viel zu kurz! Und das hat verheerende Folgen!
Die 5 Folgen ständigen Essens
1. Übergewicht
Übergewicht ist eine direkte und logische Folge davon, wenn wir zu oft im Speichermodus unterwegs sind und das Entspeichern zu kurz kommt. Wir können uns das so vorstellen: Wenn wir etwas essen, wird daraus die Energie gewonnen, die wir aktuell benötigen. Wenn wir mehr essen, als wir aktuell brauchen, werden unsere Speicher aufgefüllt. Und zwar zuerst der Kurzzeitspeicher, das sind die Glyokgenspeicher in Leber und Muskelzellen, und dann die Langzeitspeicher, die sich im Fettgewebe befinden.
Die Glykogenspeicher können wir dabei mit einem Kühlschrank vergleichen. Überschüssige Nahrung wird hier aufbewahrt und kann bei Bedarf wieder schnell zur Verfügung gestellt werden. Allerdings ist der Speicherplatz begrenzt. Daher gibt es einen Langzeitspeicher, das Fettgewebe, das wir mit einer Gefriertruhe vergleichen können. Es ist zwar etwas aufwändiger an die hier eingelagerte Nahrung zu kommen, weil das Essen erst aufgetaut werden muss, aber hier kann eine größere Menge untergebracht werden.
Wenn wir nun andauernd alle paar Stunden essen, dann ist das so, als würden wir jedes Mal einkaufen gehen, um uns unser Essen zu besorgen. Die Vorräte bleiben unberührt. Schlimmer noch: Wenn wir dabei mehr Energie zu uns nehmen, als wir aktuell verbrauchen, müssen die Überschüsse im Kühlschrank zwischengelagert werden. Hier ist aber nur begrenzt Platz. Die Gefriertruhe muss her. Und damit wächst unser Fettgewebe an.
→ Wenn wir immerzu essen und unserem Körper mehr Energie zur Verfügung stellen als er aktuell verbraucht, werden wir dicker!
2. erhöhte Blutfettwerte und Herzkreislauferkrankungen
Fettzellen können sich zwar ausdehnen, aber nicht unbegrenzt. Eine gesunde Fettzelle kann ihr Volumen etwa versechsfachen. Wenn dieses Volumen erreicht ist, wir aber trotzdem weiter essen, leitet die überfütterte Fettzelle ihren eigenen Tod ein (= Apoptose) und stirbt. Stattdessen bilden sich dann neue, kleine Fettzellen, die sich bei Bedarf ausdehnen können.
Wenn das passiert, also eine überfütterte Fettzelle stirbt, werden ihre enthaltenen Fettsäuren freigesetzt. Diese gelangen dann in unseren Blutkreislauf und lassen unsere Blutfettwerte ansteigen. Überhöhte Blutfettwerte gelten als ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie z. B. Schlaganfall oder Herzinfarkt.
→ Wenn wir immerzu essen, leidet unser Herzkreislauf-System
3. Entzündungen, Immunsystem und Autoimmunerkrankungen
Die neu gebildeten Fettzellen bringen wieder das Potenzial mit, sich auszudehnen. Das erfordert aber eine Versorgung mit Sauerstoff und anderen Nährstoffen. Um diese Versorgung sicher zu stellen, müssen neue Blutgefäße gebildet werden. Wenn wir unsere Fettzellen zu sehr fordern, kann es passieren, dass die Bildung neuer Blutgefäße nicht Schritt hält.
Die Fettzellen geraten also in Stress. Sie sondern dann vermehrt entzündungsfördernde Botenstoffe ab, die wie Forscher vermuten, als Alarmsignal dienen, um dem gesamten System zu signalisieren, dass dringend neue Blutgefäße gebraucht werden, um neue Speicherkapazitäten zu bauen.
Wenn wir nun ständig essen und zu wenig Fastenphasen und damit zu selten im Entspeicher-Modus sind, bleiben unsere Fettzellen durchgehend gestresst und unser gesamter Körper rutscht in einen chronischen Entzündungszustand ab.
Entzündungen gelten inzwischen als ein wichtiger Risikofaktor für viele degenerative Erkrankungen wie z. B. koronare Herzerkrankungen oder Alzheimer. Sie können das Immunsystem überfordern und damit zu Autoimmunerkrankungen beitragen.
→ Zu häufiges Essen schwächt die Abwehrkräfte, führt zu Entzündungen und Autoimmunerkrankungen
4. Schlacken und Ablagerungserkrankungen
In jeder Sekunde laufen in unserem Körper eine Vielzahl hochkomplexer Prozesse ab. Da geht es zu wie in einer sehr komplexen Fabrik. Es werden Dinge produziert, umgewandelt und eingelagert. Dabei fällt auch Müll an. Fachleute sprechen von Stoffwechselresten.
Wenn dieser Müll nicht regelmäßig abtransportiert wird, muss er auf Mülldeponien eingelagert werden. Das passiert auch in unserem Körper. Wenn die beim Stoffwechsel teilweise zwangsläufig anfallenden Überreste nicht entsorgt werden können, weil wir uns andauernd im Einlagerungsmodus befinden, werden sie eingelagert.
Diese Mülldeponien im Körper werden auch als Schlacken bezeichnet. Zunächst einmal dient das Bindegewebe als Müllspeicher, dadurch steigt unser Gewicht und der Stoffwechsel verlangsamt sich. Wenn wir immerzu essen und zu selten fasten, stauen sich die Nährstoffe auch im Blut.
Die erhöhten Blutfett- und Blutzuckerwerte steigern das Risiko für Diabetes und Herzkreislauferkrankungen, während vor allem die Eiweiße in den Blutgefäßwänden eingelagert werden, die Durchblutung verschlechtern und zu Arteriosklerose führen, die im schlimmsten Fall in einem Herzinfarkt oder Schlaganfall enden kann. Auch im Gehirn können sich solche Plaques ablagern und dort mitbeteiligt sein bei der Entstehung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson.
→ Wenn wir immerzu essen und zu selten fasten, verschlackt unser Körper immer mehr!
5. Chronischer Energiemangel und vorzeitiges Alterung
Unsere Zellen sind auf die ständige Zufuhr von Nährstoffen angewiesen. Diese bekommen sie durch das angrenzende Gewebe, das sie von den Blutgefäßen trennt. Wenn dieses Gewebe jedoch immer weiter verschlackt, weil der Fastenmodus zu kurz kommt, wird der Nährstofftransport von Blut zu Zelle erschwert.
Während sich die Nährstoffe im Blut stauen, kommen immer weniger in den Zellen an. Die Zellen leiden unter chronischem Nährstoffmangel, wodurch ihre Energieproduktion gravierend sinkt und wir immer schlechter mit Energie versorgt werden.
Gleichzeitig können die in der Zelle anfallenden Stoffwechselschlacken nicht mehr so gut aus der Zelle ins Bindegewebe abtransportiert werden. Wenn wir ständig essen und unser Gewebe immer weiter verschlackt, verhungern unsere Zellen sozusagen trotz gut gefüllter Mägen oder sie ersticken vorzeitig an ihrem eigenen Müll.
Chronischer Energiemangel und vorzeitiges Altern gehören damit ebenfalls zu den Nachteilen, wenn Phasen mit und ohne Nahrung aus dem Gleichgewicht geraten.
(Intermittierendes) Fasten als Lösung für die Überflussgesellschaft von heute
Wenn wir möglichst lange gesund bleiben möchten, sollten wir in den Zeiten des Nahrungsüberflusses von heute eben selbst für einen Ausgleich von Einspeichern und Entspeichern sorgen. Das geht am besten durch regelmäßiges Fasten. Während der Auszeiten vom Essen beginnt der Körper, seine Reserven abzubauen, um daraus die nötige Energie und Substanzen, die er benötigt, zu gewinnen.
Es gibt kein besseres Tool für einen Hausputz unseres Körpers. In Phasen, in denen wir nichts essen, hat unser Körper endlich die Gelegenheit, eingespeicherte Energie abzubauen (Stichwort Fettverbrennung) und Stoffwechselreste, die zwangsläufig anfallen, abzubauen. Dabei werden die Ablagerungen aufgelöst und der Zellstoffwechsel verbessert, was als Autophagie bezeichnet wird.
Yoshinori Ohsumi bekam 2016 den Nobelpreis für Medizin verliehen, weil er genau diesen Prozess erforschte, er nannte ihn „Autophagie – ein intrazelluläres Recycling-System“.
Nach 10 bis 12 Stunden ohne Nahrung können die ersten Veränderungen in Richtung Autophagie und damit Zellputz beobachtet werden. Intermittierendes Fasten ist also ein Schlüssel!
Die positiven Wirkungen kurzen Fastens ohne Hungerstress wurden in den letzten Jahren an Tier und Mensch stark erforscht. Die ersten Tierversuche starteten bereits vor rund 100 Jahren. In den letzten 20 Jahren haben viele Ernährungsexperten auf die günstigen Effekte für den Stoffwechsel hingewiesen, die Intervallfasten für den Menschen hat.
Nahrungspausen von 14 bis 36 Stunden sollen sich günstig auswirken, speziell über Nacht, weil weniger freie Radikale entstehen und weil nachts die natürlichen Regenerationsprogramme besser laufen, wenn die Verdauung ruht.
Hintergrund: Kreist das Verdauungshormon Insulin im Blut, weil man spät noch gegessen hat, werden die Schlaf- und Regenerationshormone Somatotropin und Melatonin ausgebremst. Letztere signalisieren Ruhe, Reparatur und Abbau, Insulin aber Energiezufuhr und Masseaufbau.
Der menschliche Stoffwechsel arbeitet in Phasen, ständiger Aufbau und Reiz zum Wachstum ist schädlich, sagt zum Beispiel auch der Übergewichtsforscher Manfred Müller von der Universität Kiel. Der natürliche Wechsel zwischen auf- und abbauenden Stoffwechselprozessen, der sogenannten anabolen und katabolen Phase, bekommt dem Körper daher so gut.
Unser Fazit: Intervallfasten als Lösung für die moderne Zeit von heute
Wir leben in einer Zeit, in der Nahrung rund um die Uhr verfügbar ist. Damit uns dieser Luxus nicht zum Verhängnis wird, sollten wir freiwillig für einen Ausgleich zum vielen Essen sorgen. Intermittierendes Fasten ist hierzu ideal. Tägliche Fastenphasen von 14 bis 18 Stunden sind ausreichend, um die Autophagie anzutreiben und damit unsere Zellen sauber zu halten. Gleichzeitig aber auch kurz genug, dass sich solche Essenspausen von den meisten Menschen problemlos umsetzen lassen.
Du hast Probleme bei der Umstellung aufs Intervallfasten? In unserem Buch „Intervallfasten leicht gemacht – Das 4-Wochen-Programm für Anfänger“ findest Du Hilfestellung!
Fettstoffwechsel beschleunigen; ohne Hunger durch die Fastenphase; besserer Zugang zu Hunger und Sättigung; Sind Ausnahmen erlaubt? Welche Methode passt zu wem (= Neuro-Typ)? uvam.
Last Updated on 31. Juli 2020 by Marion Selzer
Wer schreibt hier?
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Hi, ich bin Marion. Ich bin Diplom-Juristin und zertifizierte Ernährungs- und Gesundheitsberaterin.
Intermittierendes Fasten begleitet mich seit vielen Jahren. Für mich ist das eine hervorragende Methode, um mein Gewicht zu regulieren, ohne mich dabei beim Essen in Auswahl oder Menge beschränken zu müssen.
Mit meinen Beiträgen, möchte ich Dir Lust machen, einmal auszuprobieren, ob Intervallfasten auch Dein Leben bereichern kann.
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